Wir sind viel mehr als nur Körper.pañca kośas- eine der tantrischen Konzepte
Updated: Nov 1, 2021
Pañca bedeutet fünf und kośa Körper. Es ist also die Rede von fünf Körpern.
Etwa 1000 - 1500 v. Chr. entstand dieses Konzept aus dem ersten Teil der Veden in Taittirīya-Upaniṣad und beschreibt die verschiedenen Dimensionen unseres Seins. Ineinander übergehend und sich umarmend beeinflussend wirken diese Körper.

Annamaya-kośa
Der erste und grobstofflichste aller Körper besteht aus Zellen. Wir nennen ihn auch den physischen Körper. Dieser benötigt ganz rudimentäre Dinge wie Sauerstoff, Wasser, Nährstoffe, Bewegung und Schlaf, damit er gut er- und genährt wird. Natürlich ist es möglich, ein oder mehrere Quellen für einige Zeit auszusparen. Beispielsweise findet beim Fasten ein bewusster Verzicht auf Nahrung statt und es ist möglich, durch Bewusstseinsarbeit den Körper beispielsweise mit prāṇa über einen längeren Zeitraum mit zu versorgen. Denn natürlich sind die fünf verschiedenen Körper nicht getrennt voneinander zu betrachten. Vielmehr beeinflussen sie sich und um sie sichtbar zu machen, ist es für uns Menschen einfacher, sie getrennt voneinander wahrzunehmen.
Unser physischer Körper strebt permanent ein inneres Gleichgewicht an und jede einzelne Zelle reagiert empfindlich auf schon kleinste Veränderungen. Damit lebensnotwendige Stoffwechselprozesse ungehindert ablaufen können, ist unser physischer Körper auf ein ausreichendes Angebot an Nährstoffen sowie ausreichend gutes Wasser, genügend Sauerstoff und natürlich ausreichend Bewegung und erholsamer, regelmäßiger Schlaf angewiesen.
Auch hier geht es wieder um Bewusstsein. Wie schnell oder wie lange dauert es, bis wir bemerken, dass unserem physischen Körper etwas fehlt? Und wie sensibel und achtsam reagieren wir auf seine Bedürfnisse? Yoga kann in diesem Hinblick unterstützen, bewusster in Kontakt zu kommen.
Das Bewusstsein für den physischen Körper veränderte sich im tantrischen Zeitalter (ab 6. Jh. v. Chr.) derartig, dass nun der menschliche Körper nicht länger als schmutzig oder gar wertlos angesehen wurde. Wir Menschen befinden uns also immer noch in diesem Prozess.
Seither betrachteten die yogīs und yogīnīs den Körper nun als heiligen Tempel der Seele. Ich verstehe es so, dass es unsere Pflicht ist, sich um diesen Körper zu kümmern, sodass die Seele gerne in ihrem derzeitigen zu Hause wohnt und sich wohl und wertgeschätzt fühlt, bis sie in einen neuen Körper inkarniert. Hieraus erklären sich auch die Reinigungsrituale, niedergeschrieben in der Gheraṇḍa-Saṃhitā als Teil der Haṭha-Yoga-Pradīpikā, welche letztlich dazu dienen, den Körper durchlässiger für das Licht zu machen. Das innere Licht soll nach außen scheinen können und ebenso empfänglich und aufnahmebereit für das ihn umgebende Licht sein.
Innerhalb unserer wundervollen āṣṭhaṅga sādhana wird der physische Körper vor allem im kriyā angesprochen. Bewegung und Atmung finden hier zusammen, genauer gesagt brauchen sie einander, auch um Agni, das Verdauungsfeuer aufzubauen und am Laufen zu halten. Die śiva Energie mit ihrem Potenzial Altes zu verbrennen, damit Neues Platz hat, zeichnet sich hier in ihrer Qualität aus. Natürlich ist die śakti Energie vorhanden, aber um tapas spürbar zu machen, muss śiva herausgefordert werden. Und das möglichst regelmäßig, beständig und mit Begeisterung.
Prāṇamaya-kośa
Viel feinstofflicher und als sogenannte zweite Schicht befindet sich unser Lichtkörper immer noch in Verbindung mit unserem physischen Körper in etwa einem halben Zentimeter Entfernung zur Haut. Der prāṇamaya kośa
nimmt die Sonnenenergie als eine seiner Hauptquellen auf und verteilt diese im gesamten annamaya-kośa. Hieraus erklärt sich die daraus resultierende eng verknüpfte physische Gesundheit.
Der rāja yoga fasst den physischen und den Lichtkörper zusammen und bezeichnet ihn als Upadhi- also als Gefäß des Selbst (ātman).
Körperliche Kontakte werden mithilfe von prāṇa ins Innere übertragen. Somit wird auch deutlich, in welcher Sensibilität ich mich als Yogalehrerin beispielsweise bei der Verwendung von „hands-on“ verhalten sollte.
Obwohl die Nerven natürlich im annamaya-kośa liegen, ist es nicht dieser, der fühlt. Er nimmt nur die Eindrücke auf.
Manomaya-kośa
„Der Mentalkörper ist der Träger, durch den sich das Selbst als der konkrete Intellekt manifestiert und ausdrückt.“[1]
Die mentale Stufe umfasst den intellektuellen, rationalen Geist, den Verstand bzw. die Gedanken. Fähigkeiten von Gedächtnis und Vorstellungskraft werden auf dieser Ebene entwickelt.
In ihm sitzt die Verstandesseele des Menschen, also das Ego, mit dem wir uns am stärksten identifizieren.*
Vijñānamaya-kośa
Er ist der Körper der Intuition.
Er enthält allen Reichtum an Erfahrungen und wird deshalb auch Körper der Weisheit genannt.
Wir ernähren diesen Körper, indem wir meditieren oder tönen. Jede Art von Klang hat Auswirkung auf diese Ebene unseres Seins und bewirkt eine Art Erinnerung. In dieser Ebene gibt es einen Zugang zum Akash.
Jeder Gedanke, den der Mensch jemals hatte, ist dort „aufgezeichnet“ und hinterlässt entsprechende Spuren.
Die Akasha Chronik ist die Summe aller aufgezeichneten Gedanken.
Ānandamaya-kośa oder auch der Körper der Glückseligkeit.
Auf diesem Körper verbinden wir uns mit uns selbst und mit allem.
Dieser Körper ist immer vorhanden und wir finden Zugang zu ihm, indem wir an das Göttliche in uns meditieren oder beten.
Im Vergleich zu allen anderen Körpern hat dieser keine Identität.
Er wird auch als kosmischer Körper bezeichnet. Denn in ihm steckt die unendliche Weite des Universums und damit auch seine unendliche, bedingungslose Liebe.
iaar Powell, Arthur E., 2005, S.26, Der Mental Körper, Aquamarin *Vgl. hierzu: Powell, Arthur E., 2005, S.36/37, Der Mental Körper, Aquamarin
©maria langner,2020